Unterrichtsprojekt statt Frontalunterricht. Anstelle eines alten Reclam-Heftes wird im Unterricht der zeitgenössische Roman „Hochzeit im Dunkeln“ gelesen. Und am Ende kommt der vielfach preisgekrönte Autor Harald Grill und liest am Stiftland-Gymnasium Tirschenreuth aus seinem Werk.
Michael kehrt nach dem Zweiten Weltkrieg in sein Heimatdorf im Bayerischen Wald zurück. Heldentum haben ihm die 3 Monate im Krieg nicht gebracht, stattdessen hat er ein Bein verloren. Er fühlt sich nutzlos und fremd auf dem heimischen Hof und muss lernen, mit der neuen Situation umzugehen. Da lernt er Adelheid kennen, ein schlesisches Flüchtlingsmädchen. Und plötzlich ist alles anders. Auf einfühlsame und humorvolle Weise, teilweise in bayerischer Mundart, erzählt Grill die Leidens- und Liebesgeschichte seiner Eltern. Eine Erzählung über das Weggehen und Heimkommen und das Zu-sich-selbst-Finden.
Seit etwa drei Wochen arbeiten die Schülerinnen und Schüler der Klassen 9a, 9c und 11b zusammen mit ihren Lehrerinnen Sybille Strmiska und Daniela Meidinger an einem Unterrichtsprojekt zu Grills Roman. In diesem charakterisierten sie die verschiedenen Figuren, gestalteten sie und diskutierten wichtige historische Themen wie Besatzung, Entnazifizierung und Heimatvertriebene. Gerade das letzte Thema spielt in der Grenzregion eine wichtige Rolle. Wie in Gesprächen während des Unterrichts klar wurde, gibt es bei fast allen Schülern Berührungspunkte mit diesem Thema.
Die Schülerinnen und Schüler zeigten sich überaus interessiert an der Geschichte des heimkehrenden Kriegsinvaliden Michael Multerer und freuten sich über die Möglichkeit, den Autor Harald Grill kennenzulernen und ihm Fragen zu seinem Roman zu stellen. Umso mehr, weil sie erfuhren, dass „Hochzeit im Dunkeln“ so wirklich passiert ist und es sich um die Geschichte der Eltern des Autors handelt. Grill habe die Erlebnisse seines Vaters erzählen wollen. Natürlich habe er aber die Namen geändert, da einige der vorkommenden Personen noch leben würden.
Dabei erfuhren die Schüler unter anderem auch, dass Harald Grill beinahe nach Ghandi benannt worden wäre: Mahatma Grill. Am Ende hätten sich die Eltern aber doch dagegen entschieden und stattdessen habe er jetzt den Namen eines norwegischen Prinzen, den seine Mutter auf der Illustrierten beim Frisör entdeckt hatte.
Grill gab den Schülern zudem einen Einblick in den Schaffensprozess eines Autors. In seinem Zimmer spanne er eine Wäscheleine von Bücherregal zu Bücherregal, an dieser hänge er seine Ideen auf. Immer zuerst Anfang und Ende und dann den Rest der Geschichte. Zudem habe er Boxen voller Karteikarten mit Ideen, aus denen er theoretisch 150 Bücher schreiben könne – allerdings müsse er dafür 200 Jahre alt werden.
Beeindruckt zeigte sich Herr Grill von den bei der Lesung ausgestellten Schülerarbeiten. Die im Rahmen des Lektüreunterrichts gestalteten Figuren seien sehr nahe an der Wirklichkeit. Am Ende bedankten sich die Schulleitung und die Schüler mit einem Präsentkorb bei dem Autor – mit der Hoffnung, den Autor eventuell auch in Zukunft noch einmal an der Schule begrüßen zu dürfen.