Mischt euch ein! Interessiert euch für Politik! Überlasst eure Zukunft nicht Menschen, die ihrer Verantwortung nicht gewachsen sind!

Das war die zentrale Botschaft, die Dr. Reinhard Erös für 200 Schüler der Oberstufe mitgebracht hatte, als er am Montag, den 21. März am Stiftland-Gymnasium über seine Arbeit in Afghanistan berichtete, während seine Frau gleichzeitig den Sechstklässlern vom Alltagsleben der Kinder am Hindukusch erzählte.

Das Ehepaar Erös war von der Arbeitsgemeinschaft „Eine Welt“ des Gymnasiums eingeladen worden, die in verschiedenen Aktionen 1000 Euro für die „Kinderhilfe Afghanistan“ gesammelt hatte. 

Der ehemalige Fallschirmjäger, Bundeswehroffizier a. D., Arzt und Politologe Dr. Erös wurde 1948 in Tirschenreuth geboren und fühlt sich der Stadt noch immer verbunden. Sein persönliches Engagement gegen Leid und Ungerechtigkeit in der Welt begann vor mehr als 40 Jahren bei Mutter Theresa in Kalkutta. Es folgten Einsätze mit internationalen Hilfsorganisationen in aller Welt. Seit 1986 ist er in Afghanistan aktiv. Er bildete Ärzte aus und operierte während der sowjetischen Besatzung unter Lebensgefahr in Höhlenkliniken, während seine Frau die europäische Schule im pakistanischen Peschawar betreute. 

Man merkt es Dr. Erös an, dass er Afghanistan nicht nur kennt wie kein anderer, sondern dass er Land und Leute liebt. Er spannt den Bogen von der Geographie mit ihren extremen Gegensätzen und traumhaften Landschaften über die wechselvolle dreitausendjährige Geschichte bis zu den politischen Fehleinschätzungen der jüngsten Vergangenheit, die – so Dr. Erös – 1989 zur Niederlage der Sowjets und 2021 zum Abzug der Nato geführt hätten. Der Arzt ist sich sicher, dass das afghanische Volk niemals von einer fremden Macht besiegt werden wird. „Aufgeben gibt es nicht. Der Klügere gibt hier niemals nach!“, meint er und zeigt dazu Bilder vom harten traditionellen Reiterspiel „Buzkashi“, bei dem die Reiter auch mit schweren Verletzungen nicht ausscheiden. 

Dass ein ehemals weltoffenes und tolerantes Land heute wieder von religiösen Fanatikern beherrscht wird und Platz 1 unter den Flüchtlingsländern der Welt einnimmt, sei – so Erös – vom Westen mitverschuldet. Präsident George W. Bush habe seinen „Krieg gegen den Terror“ nach Afghanistan getragen, obwohl kein einziger Afghane unter den Attentätern des 11. September gewesen war. Ein sinnloser Krieg, der in 20 Jahren 1200 Milliarden Dollar und unzählige Menschenleben gekostet hat. Und während Dr. Erös die Zahlen auflistet, hört man zwischen den Zeilen seine Überzeugung: Wie leicht wäre es gewesen, mit diesem Geld ein glückliches und stabiles Afghanistan zu schaffen, hätte man das Geld in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur investiert statt in einen gigantischen Militärapparat. 

Was mit Engagement, Sachkenntnis und sinnvoll eingesetzten Spendengeldern erreicht werden kann, zeigt die „Kinderhilfe Afghanistan“, die das Ehepaar Erös 2002 gegründet hat und gemeinsam mit seinen fünf Kindern leitet. Der Bau und Betrieb von (Mädchen-)Schulen, Waisenhäusern und Universitäten ist für die Organisation auch unter den Taliban weiterhin möglich. Man muss die Gegebenheiten vor Ort kennen und man muss mit den Menschen reden können, meint Dr. Erös, und dann ermutigt er die Schüler: „Dazu muss man natürlich auch Sprachen lernen, von denen bei uns keiner etwas gehört hat.“ Im Fall von Dr. Erös ist es das afghanische Paschtu, aber eigentlich will er seine Zuhörer motivieren, sich ganz allgemein auf fremde Kulturen einzulassen, für andere Menschen zu engagieren und die eigene Zukunft aktiv zu gestalten. „Junge Menschen können viel erreichen“, meint er und zeigt Bilder des afghanischen Mädchens Malala und der Schwedin Greta Thunberg, die die Welt veränderten, als sie noch nicht 18 waren. 

„Krieg, Überbevölkerung und Klimawandel sind die Ursachen für mehr als 100 Millionen Flüchtlinge weltweit. Diese Probleme müssen wir in den Griff bekommen, wenn wir das ‚Paradies Deutschland’, in dem wir leben, nicht gefährden wollen.“ Davon ist Dr. Erös überzeugt.